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TAGES-BERICHT
Es war zu warm heute Nacht und entsprechend schlecht habe ich geschlafen. Deshalb stehe ich auch schon halb fünf auf. Ich habe ja auch noch eine ganze Menge von gestern zu schreiben. Das Frühstück wird immer komischer. Heute muss man sich sein Frühstück holen und auf dem Zimmer essen. Macht Spaß, wenn man im Zimmer nur einen Stuhl hat. Bei uns gibt es deswegen nur Kuchen und den Kaffee kochen wir uns selbst. Jetzt ist es ein bisschen langweilig, da wir noch gut eine Stunde bis zur Abfahrt haben. Langeweile kommt auf dieser Reise aber zum Glück nur sehr, sehr selten vor. Heute haben wir nur 430 km auf dem Plan. Das Ziel ist das Mekka des Glücksspiels: Las Vegas.
Es geht pünktlich 08:00 Uhr los. Wir fahren auf die Autobahn 15 und folgen dieser in südwestlicher Richtung für ungefähr eine Stunde. Der Himmel ist bedeckt, es ist etwas windig, aber es ist auch schon angenehm warm. Wir verlassen die Autobahn und plötzlich sind wir wieder auf ihr, auf der legendären Route 66. Unser erster Stopp des Tages ist im Ort Seligman. Gegründet zu Zeiten des Eisenbahnbaus verfiel das Dorf mit der Errichtung der Route 66 zusehends. Die geplanten Gästemassen blieben aus, fuhren einfach durch den Ort durch. Erst nachdem die Route 66 selbst an Bedeutung verlor und durch Motorrad- und Oldtimerfahrer wiederbelebt wurde, blühte auch das Dorf Seligman auf. Rein äußerlich sieht es hier so aus, als wäre die Zeit in den 50er und 60er Jahren stehen geblieben. In fast jedem der lustig hergerichteten Häuser wird irgendetwas aus dem touristischen Bedarf feil geboten. Vor allem natürlich Souvenirs und auf keinem darf die 66 fehlen. Auf einigen Hinterhöfen sind alte Automobile ausgestellt. Leider sind die meisten in einem jämmerlichen Zustand. Eigentlich schade drum, so werden sie wohl bald, vom Rost zerfressen, unwiederbringlich verloren sein. Zum Glück ist Seligman keine Großstadt und man schaffte es, in 20 Minuten die Hauptstraße einmal hoch und wieder runter zu gehen.
Wir folgen jetzt für etliche Kilometer der legendären Straße. Schnurgerade verläuft sie durch die Halbwüste von Arizona. Am Wochenende wimmelt es hier von Bikern, aber mitten in der Woche sieht man nur vereinzelt ein Auto. Wir stoppen an einer ehemaligen, jetzt zum Freilichtmuseum umgebauten Tankstelle, bei "Hackberry's". Was hier so alles für Plunder herum steht! Alte Zapfsäulen, alte Autos, verrostete Werkzeuge und landwirtschaftliches Gerät. Und die ersten Kakteen. Ja, es wird langsam wärmer und trockener. Wir haben 15 Minuten Pause, was aber nicht ausreicht, da es nur eine Toilette hier gibt. Im obligatorischen Trödelladen gibt es den gleichen Ramsch wie in Seligman.
Da wir heute noch ein gutes Stück Weg vor uns haben, verlassen wir die Route 66 und fahren das nächste Stück wieder auf der Autobahn. Die Landschaft verändert sich mal wieder kaum. Trockene Halbwüste links und rechts der Straße und am Horizont Bergketten. Es wird langsam Zeit zum Mittagessen. Wir stoppen dafür in Kingman und haben eine Stunde Zeit, uns beim Wal*Mart zu versorgen. Es gibt aber auch einen McD und einen KFC und diverse andere Fastfoodketten. Es ist inzwischen schon richtig heiß geworden. Zum Glück sind ein paar Wolken am Himmel und es geht ein leichtes Lüftchen.
Die Autobahn, auf der wir uns gerade bewegen, scheint relativ neu zu sein. Wenigstens ist sie gerade neu gemacht worden. Linker Hand ist der Lake Mead zu sehen, ein Stausee. Gestaut wird er durch den bekannten Hoover-Damm, einem Staudamm, welcher in den 30er Jahren (unter Präsident Hoover) gebaut wurde. Eine ingenieurstechnische Meisterleistung zur damaligen Zeit. Das Kraftwerk des Hoover-Damms versorgt die Spielermetropole Las Vegas mit Strom, der Lake Mead mit Wasser. Leiter fahren wir Vollgas am Damm vorbei. Die Gäste auf der rechten Seite im Bus können einen kurzen Blick erhaschen, wir sehen gar nichts. Das ist nicht nur schade, dass ist richtig ärgerlich! Zu allem Überfluss halten wir ein paar Minuten später am ersten Casino gleich an. Wir sind inzwischen in Nevada, hier ist Glücksspiel erlaubt. Ein kurzer Spaziergang bei heißen Temperaturen wird gemacht. Wir sehen gerade den Zipfel des Sees, als schon wieder zu umdrehen aufgefordert wird. Was war denn das jetzt für eine Aktion? Das hätten wir uns nun aber wirklich auch sparen können. Ich bin ganz schön angefressen.
Wir kommen auf der Autobahn durch Bolder City. Von hier aus kann man schon die Skyline der Wüstenmetropole Las Vegas sehen. Wir fahren aber noch eine halbe Ewigkeit, bevor wir die nicht ganz so gepflegt aussehenden Vororte der Stadt erreichen. Unseren ersten Stopp machen wir am offiziellen Ortseingangsschild "Welcome to fabulous Las Vegas", direkt neben dem Flughafen von Las Vegas. Alle raus aus dem Bus, Foto machen, einsteigen.
Wir sind auf dem Strip angekommen. Hier reihen sich die Megahotels aneinander. "New York, New York", "Paris", "Venetian Resort", "The Mirage" und "Caesars Palace", um nur ein paar zu nennen. Es ist ganz schön viel los auf den Straßen. Wir fahren den kompletten Strip (eigentlich: Las Vegas Boulevard) entlang bis zu unserem Hotel.
"Stratosphere". Ein Riesenkomplex. Es dauert etwas länger, bis wir die Schlüsselkarten und den "Stadtplan" vom Hotel haben. Uns erwartet ein längerer Fußmarsch bis zu unseren Aufzügen. Dabei durchqueren wir zum ersten mal das Casino. Riesig! Unzählige Slot machines, Pokertische, Roulette. Dazwischen immer mal wieder eine Bar oder ein Café. Wir haben unsere Aufzüge gefunden. "Select Elevators". Nimmt man hier einen falschen Aufzug, landet man in einem komplett anderen Teil des Hotels. Da hat man dann ganz schlechte Karten, sein Zimmer zu finden. Wir fahren in die 15. Etage oder besser in die Etage mit der Nummer 15. Man fängt erst bei 6 an zu zählen und eine 13 gibt es nicht. Nun haben wir wieder eine endlose Wanderung bis zu unserem Zimmer vor uns. 15002. Ganz am Ende des Ganges, dafür aber mit relativ guter Sicht über Las Vegas und den Stratosphere Tower, einen Turm direkt in unserer Hotelanlage. Verschnaufpause ist angesagt, wir warten auf die Koffer.
Gegen halb sechs begeben wir uns wieder nach unten. Ich verzocke meinen ersten Dollar am Spielautomaten. Ich weiß doch gar nicht, wie das Ding funktioniert. Muss ich auch nicht, Hauptsache ich finden den Schlitz, wo das Geld reingeschoben wird. Pünktlich 18 Uhr sind wir wieder alle im Bus versammelt und gehen auf "Nachtfahrt" in Las Vegas. Schon komisch, dass eine Nachtfahrt am helllichten Tage startet.
Erster Stopp ist die Tiefgarage des Hotels "Bellagio". Vor diesem Hotel gibt es einen großen Teich, wo zu jeder halben Stunde Wasserspiele stattfinden. Der erste Versuch, diese anzusehen, schlägt fehl, da es im Moment zu windig ist. Also schauen wir uns zunächst das Hotel an. Im Erdgeschoss sind riesige Blumenbeete angelegt und es gibt ein paar Springbrunnen. Eine kleine Vogelvoliere zeigt ein paar tropische Vögel. Aber vor allem gibt es hier Menschen, unendlich viele davon. Und eine Nachbildung der "Unabhängigkeitsglocke" ist zu sehen, mit kitschigem Riesenadler oben drauf. Wir unternehmen einen zweiten Versuch, die Wasserspiele zu sehen. Aber auch dieser fällt dem Wind zum Opfer.
Nächster Busstopp: "Flamingo". Im Innenhof des Hotels ist ein tropischer Garten angelegt. Ein paar echte Flamingos laufen hier durch die Gegend, es gibt einen Bach mit riesigen Kois und einen Wasserfall. Recht nett, aber nicht spektakulär. Zu Fuß geht es jetzt weiter zum "Caesars Palace". Ist ja nur über die Straße. Das Hotel ist im Stile des alten Roms erbaut. Und auch innen erinnert vieles an die Stadt Caesars. Säulen, Statuen und Stuckarbeiten soweit das Auge reicht. Und das reicht hier sehr weit. Laden an Laden reiht sich. Mit künstlichem Himmel. Man merkt fast gar nicht, dass man in einem geschlossenen Gebäude ist. Wir sind an einem Brunnen angekommen, wo gleich die nächste Show starten soll. Wenigstens wird diese wohl nicht wegen des Windes abgesagt. Es sind noch ein paar Minuten Zeit. Hinter dem Brunnen ist ein riesiges Aquarium eingerichtet, was auch einen Blick lohnt.
Acht Uhr, die Show beginnt. Erst wird es dunkel, dann setzen Lichtspiele ein. Drei Figuren erzählen eine Geschichte. Ich verstehe leider nicht viel, die Akustik ist nicht besonders. Das ganze Spektakel aus Feuer, Wasser und Licht dauert keine 10 Minuten. Wir versammeln uns wieder und gehen zum Ausgang des Hotels. Ein Weg von ca. 10 Minuten Länge.
Hotel "The Venetian". Vom Caesars Palace aus problemlos zu Fuß zu erreichen. Hier ist Venedig nachgebaut. Der Dogenpalast, die Rialto-Brücke. Sogar die Kanäle mit den Gondolieri fehlen nicht. Im Inneren sind die Ladenstraßen auch wieder so angelegt und beleuchtet, dass man sich wie im Freien fühlt. Wir laufen bis zum "Markusplatz" und dann recht zügig wieder Richtung Ausgang. Unsere Reiseleiterin hat sich verlaufen. Wir irren durch die Gänge des Hotels. Es dauert bestimmt 15 Minuten, bevor wir aus dem Labyrinth entkommen. Lori wartet mit ihrem Bus in der Tiefgarage des "Venetian" auf uns.
Die letzte Attraktion für heute führt uns nach Downtown Las Vegas. Wir fahren an unserem Hotel vorbei zur "Fremont Street" neben dem Hotel "Golden Nugget". Eine riesige Mall. Pünktlich 22 Uhr werden die Leuchtreklamen der einzelnen Casinos und Bars ausgeschaltet. Musik setzt ein und an der kompletten Decke der ca. 450 Meter langen Mall wird eine Videoshow projiziert. Das ist einfach unglaublich und weder im Text noch auf Fotos zu beschreiben. Die Leuchtreklamen werden wieder eingeschaltet, ein Zeichen dafür, dass die Show vorbei ist. Wir gehen zurück zum Bus und fahren ins Hotel. Die Tour war zwar nicht schlecht, aber keineswegs $39 wert.
Im Hotel, oder besser im Casino, ist die Hölle los. Fast alle der unzähligen Spielautomaten (geschätzt etwa 1.000) sind besetzt. Es lärmt und klingelt überall. Die vielen bunten Lichter sind schon fast schmerzhaft für die Augen. Da wir aber einen langen Tag hatten, machen wir Schluss für heute. Noch eine Zigarette und dann ab in Etage 15. Kurz nach 23 Uhr ist endlich Nachtruhe.
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