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TAGES-BERICHT
6:00 Uhr wecken, 7:00 Uhr Koffer vor die Tür, 8:00 Uhr abfahren. Dazwischen frühstücken, Buchführung und Hotelfoto. Der Tagesbeginn gleicht sich wirklich langsam. Allerdings mit einer Ausnahme heute. Das Frühstück beginnt schon 06:45 Uhr. Frühstück? Gequirlte Eier, zu sehr durchgebratener Speck, Bratkartoffeln und Muffins. DAS IST ALLES! Kein Toast, ganz zu schweigen von Butter oder Marmelade. Das es kein Obst gibt, ist inzwischen nicht mehr so neu. Naja, wenigstens der kalte Kaffee ist einigermaßen genießbar. Wie der Saft ist, finde ich nicht heraus. Er ist schlicht und einfach alle, als ich endlich an der Reihe bin.
Pünktlich um acht sind die Koffer verstaut und unser Bus setzt sich in Bewegung. Ziel des heutigen Tages ist Chicago, Illinois. Aber zuvor hat die Reiseleitung eine 350km lange Busfahrt gesetzt. Wir fahren auf der Interstate Richtung Westen und verlassen schon bald Michigan. Der nächste Bundesstaat auf unserer Route ist Indiana. Hier machen wir an einem der allgegenwärtigen Truckstops Pause. Nur zwei Dinge sind hier besonders: Der Kaffee ist mehr als kochend heiß und es gibt einen Raucherbereich! Der erste im Inneren eines Gebäudes in den USA den ich sehe. Die Gelegenheit muss natürlich ausgenutzt werden. Zumal wir hier auch reichlich Zeit haben, da Lori ihren Bus betanken muss.
Indiana haben wir inzwischen passiert und kommen im Staat Illinois an. Am Straßenrand nimmt die Schwerindustrie zu. Man erkennt zwar nicht wirklich, was produziert wird, der Abgasausstoß ist aber nicht zu übersehen. Es qualmt aus allen Schloten. Es ist wohl vor allem metallproduzierende und metallverarbeitende Industrie. Wir sind ja immer noch im Gebiet der großen Seen, also dem wichtigsten Autoherstellungsgebiet der USA (auch wenn es heute nicht mehr ganz so rosig aussieht).
Wir haben Chicago erreicht. Chicago ist die größte Stadt von Illinois, die Hauptstadt ist aber das eher kleine Provinzstädtchen Springfield. Unseren ersten Stopp machen wir auf der Museumsinsel. Schock! Ein eisiger und recht heftiger Wind pfeift uns um die Ohren, als wir den Bus verlassen. Damit hat niemand gerechnet und einige Gruppenmitglieder sind auch nicht für solches Wetter bekleidet. Ich habe glücklicherweise meinen Pullover im Handgepäck, so dass ich beim nächsten Stopp nicht mehr frieren muss. Den machen wir nämlich bei einem riesigen Springbrunnen, dem Buckingham Fountain, im Grant Park. Es fällt mir auch hier wieder auf, wie sauber die Großstädte sind. Und im Vergleich zu anderen Städten, die wir bisher gesehen haben, wirkt Chicago ein bisschen verschlafen. Nicht, dass es hier keine Hochhäuser oder freie Straßen gäbe, aber es ist doch viel ruhiger.
Chicago River, Trump Building. Hier machen wir drei Minuten Fotostopp. Der Bus steht im Halteverbot und da versteht die hiesige Polizei nun mal überhaupt keinen Spaß. Der Stopp ist aber auch nicht so wichtig, da wir am Nachmittag noch eine Bootsfahrt auf dem Fluss machen werden und dann auch hier wieder vorbei kommen. Jetzt ist aber Mittagspause angesagt. Üppige 90 Minuten gönnt man uns. Treffpunkt ist dann der Schiffsanleger am "Wrigley-Gebäude".
Wir laufen die Michigan Avenue in Richtung Grant Park und suchen uns erst einmal etwas zu essen. Auf dem Weg kommen wir an einer riesigen Edelstahlkugel vorbei, eher ein Ei, als eine Kugel. Jedenfalls spiegelt sich die Skyline der Stadt wunderbar darin. Am Fuße des Kunstwerkes finden wir dann auch einen Hot-Dog-Stand. 2 Stück für acht Dollar. Ganz schön heftig und satt bin ich auch nicht. Da wir aber noch genug Zeit haben, beschließen wir, ein Café aufzusuchen und etwas Süßkram nachzuschieben. Es ist schon irgendwie unbegreiflich, wie schnell doch 90 Minuten vorbei sind.
Pünktlich halb drei treffen wir uns wieder am Schiffsanleger. Es gibt ein bisschen Chaos. Hinten anstellen, nach vorne kommen, hinten anstellen. Ist nicht so gut organisiert. Und es dauert, bis wir endlich auf das Schiff gelassen werden. Es gelingt uns aber, noch einen Platz auf dem Sundeck zu bekommen. Zunächst fahren wir auf dem Chicago River. Findige Ingenieure waren vor gut 100 Jahren der Meinung, dass der Fluss in die falsche Richtung fließt. Also habe sie einfach seine Fließrichtung umgedreht. Er fließt jetzt nicht mehr in den Michigan See, sondern aus diesem heraus. Die Wolkenkratzer links und rechts sind beeindruckend. Auch das alte Gebäude, schön restauriert, dazwischen stehen, trägt zum grandiosen Gesamtbild der Uferbebauung bei. Und die zahllosen, sehr niedrigen Stahlbrücken sind eine Augenweite. Alle diese Brücken können gehoben oder gedreht werden. Ob dies heutzutage aber noch benötigt wird, ist fraglich.
Es geht auf den Michigan See, den sechstgrößten Binnensee der Welt. Schnell noch ein paar Aufnahmen von der Skyline und dann schnell ab unter Deck. Der Wind, der in Chicago immer vorherrscht, ist eiskalt. Wir fahren am alten Navy Pier vorbei, der jetzt zu einem Vergnügungspark umgebaut ist. Durch die Schleuse, welche den See vom Fluss trennt, geht es zurück zum Ausgangspunkt der Tour, welche doch fast 90 Minuten gedauert hat.
Nächstes Ziel: John-Hancock-Center. Wir fahren mit dem Fahrstuhl zur Aussichtsplattform. Das geht hier viel einfacher, als am Rockefeller-Center in New York. Keine Sicherheitskontrollen und auch keine Menschenmassen. 40 Sekunden braucht der Fahrstuhl bis zu Etage 94 (es sind aber keine 94 Etagen). Die Aussicht von hier oben über den Michigan-See und die Stadt Chicago ist atemberaubend. Und wir haben auch riesiges Glück, dass das Wetter mitspielt. Man kann einmal ringsum gehen und so die Aussicht in alle Himmelsrichtungen genießen.
Wir fahren zum Hotel, "Travelodge Chicago". Ein etwas älteres Hotel und mit Sicherheit nicht im besten Zustand. Dafür aber mitten in der Stadt. Was soll's, ist ja nur für eine Nacht. Die Koffer sind schon auf den Zimmern. Wir machen Pause. Das offizielle Programm für heute ist beendet. Jeder kann tun und lassen was er möchte. Wir spazieren zuerst die State-Street, dann die Wabash-Street in Richtung Trump-Tower. Wir beobachten die Hochbahnen, die geräuschvoll über unseren Köpfen hinwegrollen. Auf die Bahnsteige der Haltestellen kommt man leider nicht ohne Fahrkarte. Wieder mal auf der Suche nach etwas Essbarem. Die Läden sind größtenteils schon geschlossen, viele Fast-Food-Buden auch. Wir sind auch fast allein unterwegs. Und das im Zentrum der Großstadt gegen 20 Uhr. Schon komisch. Am Trump-Tower machen wir kehrt und laufen auf der Michigan-Avenue zurück Richtung Grant Park. Der Springbrunnen, den wir am Morgen schon bestaunt haben, ist nachts angeleuchtet. In vielen bunten Farben, die im Takt der Musik wechseln, wird er angestrahlt. Es ist schade, dass auf dieser riesigen Fläche vielleicht gerade einmal 10 Personen zusammenkommen.
Ungewohnt zeitig gibt es noch ein Feierabendbier und die Nachtruhe wir eingeläutet. Muss auch mal sein und kommt bestimmt nicht zu oft vor. Morgen haben wir die längste Bustour vor uns, 920km nach Sioux Falls.
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